Lese-Gottesdienst am 5. April 2021 - Ostermontag
(Text: Pfr. Koring. Musik-Einspielung: Susanne Weingart-Fink)
GOTT sei mit dir: in der Gnade, die Mensch wird; als Kraft, die Leben schafft.
Noch nie ist einer zurückgekommen. Nicht nötig, denn wir haben Mose und die Propheten, auf die sollen wir hören. Doch einer stand auf, ihn rief Gott ins Leben, damit er uns zum Leben erwecke. Von ihm sagt die Bibel: „Ich war tot, doch siehe, ich lebe und schließe das Totenreich auf“.
* 219 Wir stehen im Morgen, aus Gott ein Schein durchblitzt alle Gräber, es bricht ein Stein. Erstanden ist Christus, ein Tanz setzt ein.
An Ostern, o Tod, war das Weltgericht. Wir lachen dir frei in dein Angstgesicht. Wir lachen dich an, du bedrohst uns nicht.
Wir folgen dem Christus, der mit uns zieht, stehn auf, wo der Tod und sein Werk geschieht, im Aufstand erklingt unser Osterlied.
Ich rief zum HERRN in meiner Angst, und er antwortete mir.
Ich schrie aus dem Rachen des Todes, und du hörtest meine Stimme.
Du warfst mich mitten ins Meer, dass die Fluten mich umgaben.
ich dachte, ich wäre verstoßen, ich würde deinen Tempel nicht mehr sehen.
Aber du hast mein Leben aus dem Verderben geführt, mein Gott!
Als ich verzagte, gedachte ich an dich, mein Gebet kam zu dir in dein Haus.
Ich will mit Dank dir Opfer bringen. Von dir kommt mir Hilfe. (aus Jona 2)
Oft ist unser Leben wie ein Grab, verschlossen unser Herz, begraben die Sehnsucht, verwelkt die Hoffnung. Wälze den Stein von unserem Herzen. Gib deinen Atem im unsere Atemlosigkeit. Komm mit deinem Licht in unsere Finsternis und erfülle uns mit Freude und Frieden. Lass uns auferstehen.
Maria Magdalena und Maria, die Mutter des Jakobus, und Salome kauften wohlriechende Öle, um hinzugehen und ihn zu salben…Sie sprachen untereinander: Wer wälzt uns den Stein von des Grabes Tür? Da wurden sie gewahr, dass der Stein weggewälzt war … „Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier. Geht und sagt seinen Jüngern, dass er vor euch hingeht nach Galiläa; da werdet ihr ihn sehen… Sie flohen von dem Grab; denn Zittern und Entsetzen hatte sie ergriffen. (aus Mk 16,1-8)
Der Engel sprach: Nun fürcht' euch nicht; denn ich weiß wohl, was euch gebricht. Ihr sucht Jesus, den find't ihr nicht. Halleluja. Er ist erstanden von dem Tod, hat überwunden alle Not; kommt, seht, wo er gelegen hat. Halleluja.
Ich sah vor dem Thron mitten unter den Ältesten ein Lamm stehen; es nahm das Buch aus der Hand dessen, der auf dem Thron saß. Da fielen die 24 Ältesten nieder vor dem Lamm und sangen: Du bist würdig, zu nehmen das Buch und aufzutun seine Siegel; denn du hast mit deinem Blut Menschen für Gott erkauft aus allen Sprachen und Völkern und hast sie unserm Gott zu einem Königreich und zu Priestern gemacht, Das Lamm ist würdig, zu nehmen Kraft und Reichtum und Weisheit und Stärke und Ehre und Preis und Lob. (aus Off 5, 6-14)
1. Manche Dokumente tragen den Stempel Vertraulich; ihr Inhalt darf nicht öffentlich werden. Wenn wir einem vertrauten Menschen etwas Persönliches offenbaren, legen wir darauf das Siegel der Verschwiegenheit. Wir erwarten, dass der, den wir ins Vertrauen gezogen haben, schweigt wie ein Grab. So unterliegen z.B. die Seelsorge und die ärztliche Beratung der Schweigepflicht.
Wir haben ein Anrecht auf die Geheimhaltung persönlicher Angelegenheiten. Deshalb ist das Bank- und Post-Geheimnis zu wahren. Jedoch die Briefe, die ich zu Pfarrkollegen in der ehem. DDR geschickt habe, wurden vom Staatssicherheitsdienst geöffnet, gelesen, fotokopiert. Briefe, Verträge, Testamente werden gesiegelt, um auszuschließen, dass Unbefugte den Inhalt verändern. Mit Plombe und Siegel schützte man früher kostbare Handelsgüter wie Öl und Wein in ihren Behältnissen vor unbefugtem Zugriff.
Im Blick auf ihre bewahrende Kraft wird die Taufe das Siegel des ewigen Lebens genannt. In diesem Fall werden Menschen geschützt vor dem Machtanspruch des Egoismus, sie werden bewahrt in der Zugehörigkeit zu Gott und in der Nachfolge des Christus.
2. Um die Zugehörigkeit zu Gott, d.h. um den Geltungsanspruch der Gnade geht es bei dem 7fach versiegelten Buch, von dem wir eben gehört haben. Es enthält Kunde darüber, wer allen Despoten zum Trotz Herr der Welt ist.
Regiert uns der Gott „Investmentbanking“, die Göttin „Wirtschaftswachstum“, regieren Lügen, Hass, Gewalt oder die Tücke der Pandemie? Viele handeln nach dem Motto: „Was in meine Kasse fließt, fällt schon nicht in andere Hände“. Dass jeder für sich selber sorgt, ist nicht verwerflich. Problematisch ist, dass sehr viele Menschen für den Nutzen von wenigen arbeiten. Problematisch ist, dass eine Minderheit so imperialistisch an sich selber denkt, dass die Mehrheit kaum eine Chance hat, ausreichend für sich selbst zu sorgen.
Darum herrschen Ungerechtigkeit, Not, Hunger, und unversöhnliche Gegensätze in der Welt. Dem hat der Himmel den Kampf angesagt. Doch wie kann Gott Heil und Frieden wirken?
3. Angesichts häufiger Naturkatastrophen, der Zerstörung, die Wirbelstürme und Überflutungen anrichten, angesichts der Abhängigkeiten, die der Weltmarkt schafft, angesichts der Verharmlosung und des Mangels an Einsicht in die eigenen Fehler ist zu befürchten, dass der Friede auf Erden noch lange ausbleibt. Es ist zu befürchten, dass noch lange Menschen in den Dreck getreten werden und auch Gott in der Höhe auf seine Ehre verzichten muss.
Brauchen wir einen Löwen, den Politlöwen, um die Probleme der Gegenwart zu lösen, einen, vor dem alle erzittern? Oder müssen sich die Friedfertigen zusammentun, um die Schurken mit sanfter Hand zu zähmen?
Noch keiner der Starken hat die Brücke zum Frieden bauen können. Aus jeder vermeintlichen Lösung sind neue Probleme erwachsen. Vom Ideal ist es nur ein Schritt zur Ideologie.
Die Antwort auf das persönliche Leid, auf das soziale Unrecht, auf Abhängigkeit, Ausbeutung und Zerstörung der Umwelt, die Antwort auf Habgier und Eigennutz scheint von unauflöslichen Siegeln verschlossen zu sein.
„Die Welt ist krank, ungerecht, lieblos und doch singen die Vögel darin Tag für Tag - vielleicht haben sie recht,“ (EG S.675) dass sie vom Frieden, von Freude und ehrlichem Miteinander singen der Welt zum Trotz.
4. Der Seher Johannes gibt uns in dem heute verlesenen Abschnitt eine ähnlich überraschende Antwort. Er behauptet: Es gibt etwas, das stärker ist als Hass, Gewalt und Verderben. Doch zum Kampf gegen Löwen oder seinesgleichen tritt nicht ein noch Stärkerer auf, sondern - ihr Opfer.
Statt einem Löwen sitzt ein Lamm auf dem Thron. Der Besiegte überwindet die Sieger. Die Sanftmut entwaffnet die Gewalt. Versöhnung öffnet die Tür, die von Ehrgeiz und Enttäuschung zugeschlagen wird.
Das Lamm sitzt auf dem himmlischen Thron, nicht um Kabarett zu spielen, sondern um die Geschicke der Menschen zu lenken. Das Himmelreich findet auf Erden statt. Gott regiert durch Sanftmut. Deshalb ist das Lamm würdig und kompetent, um zu öffnen die Siegel am Buch, das zum Leben weist.
Das Geheimnis Gottes ist zugleich das Geheimnis der Liebe: Gott und die Liebe siegen im Leiden. Die Herrschaft, die vom Himmel ausgeht, geschieht ganz leibhaftig hier auf Erden - auch wenn sie oft ganz unscheinbar oder verborgen geschieht. Aus dieser Erfahrung spricht M. Luther King:
Wenn unsere Tage verdunkelt sind und unsere Nächte finster..., wollen wir stets daran denken, dass es in der Welt eine segnende Kraft gibt, die Gott heißt. Gott kann Wege aus der Ausweglosigkeit weisen. Er will das dunkle Gestern in ein helles Morgen verwandeln. (EG S. 257)
5. Einen Menschen, der durch und durch verletzlich ist, den Messias, der voll Vertrauen zu Gott „mein Vater“ sagt - diesen Menschen erhebt Gott auf den Himmelsthron, einen Menschen wie ein Lamm. Ihn zum König der Herzen zu erheben ist keine Blamage für die Hoheit Gottes. Denn seine Größe besteht in seiner Erniedrigung und Hinwendung zu uns. Gott erweist sich groß im täglichen Kleinkram, indem er unsere Kleinlichkeit wendet und endet. (EG S.581)
Darum erfährt Gott in der Gestalt des Lammes Ruhm, Ehre, Anbetung, Dank und Lob. Seine Kraft ist in den Schwachen mächtig, d. h. ohne Gewalt und Durchsetzung. Gott und das Lamm sind mit sanften Mitteln erfolgreich: mit Gnade und Vergebung, mit Erbarmen und Selbsthingabe. Darum kann das Lamm, das Lamm in Gott gleichwie das Christuslamm in uns Menschen, die sieben Siegel öffnen.
Die Sanftmut, die Liebe – sie schauen tiefer als der Verstand. Vor der Liebe liegt alles ausgebreitet wie ein offenes Buch. Die Wunden der Vergangenheit, die Schrecken der Gegenwart, die Bedrohungen der Zukunft - sie alle enden, wo die Liebe anfängt. Menschen, die Verfolgung, Flucht und tausend Ängste durchlebt haben, schöpfen aus der Liebe ihre Kraft. Weil Gott alles für die Welt und für unser Heil getan hat, darum können wir für das Wohl unserer Mitmenschen gar nicht genug tun (EG S. 459).
Zu tun gibt es genug: zu helfen, zu heilen, zu trösten, zu erfreuen. Der Tod hat nicht das letzte Wort. Deshalb haben wir Hoffnung zu verkünden und Zeichen zu setzen für das neuschaffende Erbarmen.
Nicht Schrecken ohne Ende, sondern das gnädige Ende aller Schrecken haben wir der Welt anzusagen; nicht Weltuntergang, sondern Verwandlung. „Man kann in dieser Welt, wie sie ist, nur dann weiterleben, wenn man zutiefst glaubt, dass sie nicht so bleibt, sondern werden wird, wie sie sein soll“ (EG S. 565).
Das geschieht, wenn du und ich uns verwandeln lassen und wir Gott und dem Lamm auf dem Thron immer ähnlicher werden. Das erleben wir, wenn die Liebe Hand und Fuß und Herz, ja das ganze Leben einnimmt.
Unentbehrlich bist du für Gott, unentbehrlich ist Gott für dich. Mit ihm kannst du Mensch werden, ein Mensch mit wachem Herzen und sanften Händen, ein Mensch, der zuschaut und zuhört, der wartet und fragt –
unentbehrlich bist du für deine Mitmenschen, unentbehrlich sind die Mitmenschen für dich.
Nicht Löwen braucht die Welt, sondern Menschen wie ein Lamm.
148 Also wird Gott erlösen uns gar von aller Not, vom Teufel, allem Bösen, von Trübsal, Angst und Spott, von Trauern, Weh und Klagen, von Krankheit, Schmerz und Leid, von Schwermut, Sorg und Zagen, von aller bösen Zeit.
Mit Gott wir werden halten das ewig Abendmahl, die Speis wird nicht veralten auf Gottes Tisch und Saal; wir werden Früchte essen vom Baum des Lebens stets, vom Brunn der Lebensflüsse trinken zugleich mit Gott.
Wir werden stets mit Schalle vor Gottes Stuhl und Thron mit Freuden singen alle ein neues Lied gar schön: Lob, Ehr, Preis, Kraft und Stärke Gott Vater und dem Sohn, des Heilgen Geistes Werke sei Lob und Dank getan.
Gott, du erweckst zum Leben, weil du uns allezeit in deiner Liebe bewahrst. Ob wir leben oder sterben, stets sind wir die deinen, nie sind wir allein, Lachen oder Weinen wird gesegnet sein. Hilf uns, die Nöte unserer Zeit zu bestehen. Lass aufatmen, denen der Atem ausgegangen ist, tröste, die um sie trauern.
Lindere die Not der Einsamen, die Sorge derer, die nicht arbeiten dürfen, mindere die Last der Überforderten, schütze jung und alt davor, verletzt, vernachlässigt, vergessen zu werden – und zeige uns Wege, ihnen beizustehen.
Wir bitten für alle, die in Verantwortung stehen, hilf ihnen, gerechte und hilfreiche Entscheidungen zu treffen. Hilf uns, durch Tun und Lassen Mensch und Tier, Erde, Luft, Wasser und Nahrung gesund zu erhalten. Quelle des Lebens, du lammgleicher Gott, rette die Welt aus dem Tod; wende Herzen und Hände zum Frieden. Vater unser
549 Christus ist auferstanden. Freud ist in allen Landen. Lasst uns auch fröhlich singen und Halleluja klingen.
Er hat den Tod bezwungen, das Leben uns errungen. Lasst uns …
Gott lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig.
Gott segne deine Liebe zu allem, was lebt. und deine Empörung über das Unrecht.
Gott segne die Demut deines Herzens, die Klarheit deiner Worte, die Kraft deiner Hände und gebe dir Frieden. Amen